22.04.2023 - von Opatija über den Poklon, und wieder zurück

Veröffentlicht am 6. Mai 2023 um 07:52

weil es ja nicht an jeden Tag im Urlaub regnet, wurde Alles auf eben diesen Tag gesetzt. und so blieb es auch trocken. selbst ich geriet nie wirklich ins Schwitzen. liegt aber vielleicht auch daran, daß ich eine schlechte Vorbereitung hatte und mir einfach die Kraft fehlte, um so schnell fahren zu können. es war eine eher gemütliche Tour. nicht nur deswegen. sondern auch weil ich es darauf anlegte. keine Sollzeiten wollten eingehalten werden. Pausen waren vorgesehen. zu jeder Zeit. an jedem Ort. doch bevor es so weit war, musste noch einiges erledigt werden. beispielsweise ein ausgiebiges Frühstück mit Meerblick. am Vorabend hatte ich auch noch ein viergängiges Dessert. hätte auch noch ein Gang mehr zum Buffet werden können. doch ich war sehr diszipliniert... deshalb gab es auch nur ein viergängiges Frühstück. bei der großen Auswahl ein schwieriges Unterfangen. nur übersättigt aufs Rad steigen war keine Option. schleppe so schon drei bis fünf Kilo zu viel den Berg hoch. ja. man sieht es mir nicht an. aber ich weiß daß es so ist. beim Renner kann ich leider nichts mehr abspecken. eine Diät würde da in die Tausenden gehen. und selbst wenn das Budget dafür vorhanden wäre. es stünde nichts dafür.

deshalb war mein ursprünglicher Plan für diese Tour es anfangs gemütlich anzugehen. erst einmal der Küstenstraße nach Süden folgen und mich langsam warm fahren. der Plan sollte nicht aufgehen. denn da gibt es so eine Seite im Internet. mit einem wahrlich vielsagenden Namen. "quäldich.de" was ich dort las ließ mich meinen ursprünglichen Plan als undurchführbar erachten. Stufen mit über zwanzig Prozent Steigung, wenn man den Pass von Westen kommen ansteuert. meine Beine hätten bis zum Beginn des Anstieges schon knapp siebzig Kilometer heruntergespult. was der größten Distanz entspricht, welche ich in diesem Jahr bis jetzt am Stück gefahren bin. ich bin zwar, bei meiner Anreise,  über den Pass gefahren. doch da ist es mir gar nicht so steil vorgekommen. aber. es hat ja einen großen Vorteil eine Rundfahrt zu machen. man kann auch einfach in die andere Richtung fahren. in diesem Fall hieß es von null auf neunhundert Meter in knapp zwanzig Kilometern. ich bin mir nicht ganz sicher. es kann sein, daß ich zwischendurch beim rauf radeln auch bergab gefahren bin. vielleicht waren es auch nur Passagen mit ziemlich geringer Steigung. ich konnte ja auch von Zeit zu Zeit hohe Gänge fahren. vor allem hatte ich aber die meiste Zeit einen ziemlich runden Tritt. zwar gab es ein paar Abschnitte mit acht oder neun Prozent Steigung, doch im Großen und Ganzen ist die Anfahrt auf den Pass vom Meer her nicht wirklich fordernd. man kann aber. sollte man eigentlich auch. einen kleinen Abstecherzur Kirche ... machen. da hab ich dann das letzte Stück bergauf geschoben. ich muss keine zwanzig Prozent Anstiege auf Kopfsteinpflaster fahren. ich will es auch nicht. wenn es nicht zwingend sein muss. aber wer es unbedingt möchte.

für mich war es nicht nur ein kleiner Augenblick zum Verschnaufen. es war auch ein großer Ausblick auf das Hinterland von Rijeka und runter nach Opatija, rüber nach Krk und rauf zum Grnjac. zu lange wollte ich mich auch nicht aufhalten. war ja schon einigermaßen warm gefahren. deshalb ging es auch recht zügig weiter. obwohl die Straße steiler zu werden schien. doch es gibt ja so motivierende Hinweisschilder am Rande der Straße. drei Kilometer hieß da beispielsweise. der Anstieg war also fast überwunden. doch ab diesem Zeitpunkt schien es nicht nur steiler zu werden. es wurde zwei Kilometer lang richtig steil. vierzehn Prozent. fünfzehn Prozent. längere Passagen. kürzere Rampen. ich bin auch einmal zur Seite gefahren um irgendwo ein wenig Luft für meine Lungen zu suchen. und dem Puls mitzuteilen, daß ich seine rege Anwesenheit schon vernommen hatte. es pochte so als wollte er ausbrechen. gleichzeitig an mehreren Stellen. ich konnte ihn zum Glück beruhigen. er lässt ja mit sich reden. man muss im nur einen kleinen Augenblick der Ruhe geben.

zwar hat man beim Erreichen des ersten Parkplatzes, auf der linken Seite, nicht die Passhöhe an sich hinter sich gebracht. aber es ist der Platz für die erste wirklich Pause. die Gelegenheit Fotos zu machen. oder welche machen zu lassen. das mit den "Selfies" will nicht so recht gelingen. doch auch hier hielt ich mich nicht zu lange auf. die Muskeln sollten ja keine Gelegenheit bekommen zu übersäuern. außerdem herrschte, nach einer kleinen Stärkung, schon so etwas wie eine kleine Vorfreude auf die Abfahrt. bin jetzt keiner dieser verwegenen spätbremsenden Kurvenschneidern. doch eher vorsichtig unterwegs. aber wenn sich die Gelegenheit bietet es laufen zu lassen. dann muss man es laufen lassen. es hat schon etwas. die Geschwindigkeit. doch eine kleine Unaufmerksamkeit. ich blieb also für zehn Minuten Abfahrt so konzentriert wie ich eben sein konnte. war auch schneller vorüber als gedacht. denn rauf brauchte ich doch fünfundsiebzig Minuten. das ginge natürlich um einiges schneller. nur wozu? der Ehrgeiz hat keinen Platz in der ersten Klasse. manchmal blitzt er zwar auf. aber auch nur weil man sich manchmal auch herausfordern muss. es unabdingbar ist von Zeit zu Zeit an seine Grenzen zu gehen. und auch manchmal ein wenig darüber hinaus. damit man weiß noch etwas im Köcher zu haben, falls es einmal darauf ankommen sollte.

die Kilometer im Landesinneren waren sehr gut zu fahren. und ziemlich flott. auch wenn es kleinere Steigungen gab. ich war auch sicher noch euphorisch von der Abfahrt. die Glückshormone verliehen mir Energie. der blaue Himmel über mir. das graue Band unter mir, welches sich durch eine grüne Landschaft zog. mit teils gelben Feldern. mit dem Bergzug zu meiner linken, welcher die Küste vom Inneren Istriens trennt. mit den hügeligen Landschaft zu meiner rechten, wo man auf den höchsten Punkten öfters mal Kirchen in der Ferne erspähen konnte. und natürlich Dörfer. es hätte ewig so weiter gehen können. doch leider. die Beine wurden doch schon etwas schwerer. bin ja heuer doch noch recht wenig unterwegs gewesen. das Wetter. die Gesundheit. und es ging auch wieder bergauf. lange. mit diesen zähen drei bis vier Prozent. ich mag das nicht. aber ich wusste daß es so kommen würde. und vor allem auch, daß es so nicht enden würde. so war mir die rote Ampel bei der Baustelle, rauf nach Plomin sehr willkommen. und Plomin selbst war mir noch willkommener. selbst wenn ich darauf richtig auf Zug gefahren wäre. es wäre unverzeihlich gewesen dort nicht zu halten. denn der alte Ortskern hat etwas an sich. das alte Gemäuer. wobei teils wirklich nur noch Mauern stehen. dieses typisch istrisch verwinkelte. dieser Verzicht auf Modernisierung. auch wenn es nachts dort sicher gespenstisch sein dürfte. es wird wunderschön sein. bei Vollmond. einzig der Blick auf das Kraftwerk trübt die Schönheit des Ortes ein wenig ein. und das Horden von E-Bikes bewegenden Radtouristen hier zur Stärkung einkehren. aber vielleicht auch nur auf der anderen Straßenseite bleiben. der Ort ist auch gar nicht für die Massen gemacht, welche im Sommer mit großer Wahrscheinlichkeit, trotzdem über die Idylle herfallen werden. ich war auch hier wieder alleine. wie lob ich mir Istrien im April. es würde im Sommer auch mit dem Rad wenig Spaß machen. egal ob auf der Straße. oder abseits davon. die Temperaturen wären unangenehm höher. das Verkehrsaufkommen immens.

so waren es hauptsächlich andere, sich auf zwei Rädern fortbewegende, Verkehrsteilnehmer, wohlgemerkt motorisierte, welche mich von nun an doch öfters überholen sollte. die Küstenstraße lädt ja wirklich ein. denn mit einem Motorrad will man nicht geradeaus fahren. es hielt sich aber in Grenzen. doch man merkte wie jeder einzelne Sonnenstrahl, einen um den anderen mehr, einem Magneten gleich, auf die Straße zog. Radler kamen mir nur wenige entgegen. und überholt habe ich keinen einzigen. blieb ja auch oft genug stehen. weil man das eben machen muss. wie auch am Wendepunkt. ein weiteres Mal den Blick wandern lassen. sich mental auf die letzten Kilometer vorbereiten. die anfangs noch immer ein wenig bergauf gehen sollten. mit wieder schwerer werdenden Beinen. da half auch der Blick rüber nach Mali Losinj wenig. denn im Kopf war der Gedanke nun schon verankert. am Ende geht es noch mal rauf. doch. und das muss ich jetzt auch sagen. bis runter nach Mošćenička Draga waren es mit die schönsten Kilometer die ich bis jetzt am Renner verbracht habe. der Freilauf schnurrte. und er schnurrt schön. mein Lächeln wurde immer breiter. das blaue Meer unter mir. die Kurven der Riviera vor mir. die Sonne über mir. man nennt es Flow. es fühlt sich an als ob man gar nicht da wäre, sondern in anderen Sphären schwebt. es ist ein Gefühl bei dem man sich zwar einsam fühlt. doch nur weil man eins wird mit all dem was einen umgibt. ich weiß nicht wie ich es sonst beschreiben soll. man kann es vielleicht auch mit einem Orgasmus vergleichen. keinem vorgetäuschten. es ist eine Sinnesüberladung. man blendet alles andere aus. alle Last fällt von den Schultern. die Sorgen. welche Sorgen. man ist einfach glücklich. man ist vollkommen,

doch dauern Rauschzustände nicht ewig an. zumindest folgte hier keine Ernüchterung. kein Zurückholen auf den Boden der Tatsachen. liegt vielleicht an der Tatsache, daß man diesen Zustand nicht künstlich herbeiführen kann. es passiert einfach.

mich hat der Tiefpunkt wieder ins Jetzt verfrachtet. ich hatte wieder Meeresniveau erreicht. und die zehn Kilometer-Marke passiert. nur noch zehn. noch immer zehn. der Kopf ließ sich nicht mehr belügen. denn mit jeder weiteren Umdrehung am Tretlager, fühlten sich die Beine an als ob sie immer schwerer werden würden. naja. sie wurden auch immer schwerer. der kupierte Straßenverlauf führte dazu, sogar in Bergaufpassagen in den Freilauf zu wechseln. und am Schluss standen auch noch zwei Anstiege in Opatija am Programm. bevor es aber soweit war durchquerte ich noch Lovran. an anderen Tagen wäre ich stehen geblieben. eigenartigerweise konnte ich hier die Steigungen auf Zug durchfahren. irgendwo schienen doch noch ein paar Kraftreserven verfügbar gewesen zu sein. danach war der Tank aber leer. ziemlicher Leerlauf. weit war es nicht mehr. daran baute ich mich auf. der Körper baute ab. ich bin nicht mehr gefahren. ich habe mich geschleppt. Meter für Meter näher ans Ziel. sicher. ich hätte kurz stehenbleiben können. um der Milchsäure eine Chance zu gewähren meine Muskulatur anzufallen. nein. auch sollte der innere Schweinehund angeleint bleiben. ich hab mich wirklich jeden einzelnen Höhenmeter hochgequält. die Gänge gingen mir langsam auch aus. dafür ging der Puls wieder nach oben. von einem runden Tritt war auch keine Rede mehr. auch nicht von gleichmäßigen Atmen. es traf mich aber nicht aus heiterem Himmel. ich wusste daß es so kommen wird. nur viele Meter hätten nicht mehr kommen sollen. ich wäre von Rad gefallen. nein. ich wäre mitsamt dem Rad umgefallen. die Rettung naht. einhundert Meter. rechts. Opatija Zentrum. waren es wirklich nur einhundert. ich hätte. schwören. können. eine Abbiegespur. es wird doch nicht. achtzehn. oder. zumindest. bergab...

ich hätte es fast nicht erbremst...

mir waren auch die happigen zwei Euro fürs Eis egal. je Kugel wohlgemerkt. auch wenn ich schon viele bessere gegessen habe. es war gut. genau was ich brauchte. das und eine Bank um die Beine kurz zu entspannen. denn einen kleinen Anstieg gab es ja noch. die Uferpromenade ist ja tabu. und schieben zählt nicht. ausnahmsweise bin ich aus dem Sattel gestiegen. nicht der Steilheit wegen. ich war im Cruise-Modus. nicht ganz im Flow. aber im Bewusstsein darüber die neunzig Kilometer, mitsamt den eintausendsechshundert Höhenmetern, ziemlich souverän bewältigt zu haben. ein gutes Gefühl. vor allem weil ich mir die Belohnung auch verdient hatte. eine Ganzkörpermassage. 

eines steht aber auch fest. mir fehlt die Kraft. der Vortrieb. meine eigentliche Stärke bergauf ist zur Zeit meine Schwäche. weshalb ich hoffen muss gesund zu bleiben, um etwas schneller und besser in Form zu kommen. denn. es gibt noch viele Gegenden zu erkunden.  kann es kaum erwarten. auch wenn ich jetzt etwas länger warten muss.

  

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