Kapitel neun ... Neubeginn

Veröffentlicht am 10. August 2023 um 06:57

rote Fäden. sich schließende Kreise.

stetig. die Reise.

 

wenn ich schon dieses Kapitel des Krankenhausaufenthaltes aufgeschlagen habe. wenn sich dieses Ereignis nun auch schon zum bald siebten Mal jährt. weil die Zeit auch so schnell vergeht. unaufhaltsam ist. so will ich hier gleich anschließen. es markiert ja einen Wendepunkt in meinem Leben. einen weiteren. doch, so würde ich meinen, recht bedeutsamen. und das nicht nur, weil es dieser eine Schritt zur Wohnung hinaus war. nein. da ist noch viel mehr. ich wurde wieder auf den Weg der Erkenntnis geführt. ja. wieder. doch dieses Mal gab es einen großen Unterschied. einen entscheidenden. der jetzt eingeschlagene Weg sollte mich nicht mehr in die Irre führen. zugegeben. ihn immer folgend war ich nicht. ein Ding der Unmöglichkeit, wenn man ein neugieriger Mensch ist. doch bevor ich ihn wirklich beschreiten konnte, musste ich erst Mal wieder auf die Beine kommen.

Kraft steckt hinter meinen Worten. so wurde es mir gesagt. das ist auch einer der Gründe, welche mich zum Schreiben verleiten. um anderen Kraft zu geben. jene die mir an den ersten Tagen in dieser Einrichtung gefehlt haben. ich war anfangs ja nicht einmal ein Schatten meiner selbst. ich war eigentlich gar nicht existent. ein elendes Häufchen Elend. etwas das zwar atmete. doch auch nur, weil man nichts dagegen machen an. außer die Luft anzuhalten. zu Boden geneigten Blickes saß ich die ersten zwei Tage am Bett. der Lethargie verfallen. des Unantriebes Beute. es hielt mich noch immer fest umklammert. doch. die Medikamente, ziemlich starke, scheinten langsam Wirkung zu zeigen. gezwungenermaßen. bleibt einem auch nichts anderes übrig als sich zu fügen. sich einzufügen. sich einzubringen. man hat es ja auch so gewollt. ich habe es so gewollt. es war meine alleinige Entscheidung mich einweisen zu lassen. dementsprechend musste ich Dinge auch zulassen.

es  wurde mir auch ein wenig Zeit gegeben. doch irgendwann muss man seinen Arsch bewegen. und ich bewegte nicht nur diesen. denn immer mehr wurde ich mit neuer Lebensenergie erfüllt. ich weiß nicht mehr wann diese Abläufe in Gang gesetzt wurden. es ist auch gar nicht so wichtig. manche Dinge geschehen einfach. außerdem muss man nicht Alles zerdenken. 

ich bekam meine Füße wieder auf den Boden. und dort angekommen setzten sie sich auch wieder einen vor den anderen. sie trugen mich auch wieder ans Licht. raus an die frische Luft. kaum noch saß ich am Bett. von dort aus ließen sich auch wenige Unterhaltungen führen. und was ich redete. gut. das weiß ich nicht mehr so genau. doch es war viel. denn ich hatte wieder Menschen zum reden. Menschen die mich verstanden. Menschen die ich verstand. denn ein, wenn auch für die meisten unsichtbares, Band verwob uns miteinander. auch wenn jeder aus anderen Gründen hier war. so hatten wir doch etwas gemeinsam. Verständnis. man wusste, daß zugehört wurde. hingehört. etwas was das Groß der Menschen draußen in der heilen Welt nicht kann. woher sollen sie es auch wissen. man lehrt es uns auch nicht. selbst wenn. nicht jeder kann es. wie eben die Sache mit dem Zynismus. man hat es. oder eben nicht. ich will mich auch nicht zu weit aus dem Fenster hinauslehnen. doch ich denke, diese Gabe zu besitzen. nur deren Anwendung lässt mich mitunter scheitern. da gibt es noch Potenzial zur Besserung.

mein Aufenthalt auf der psychiatrischen Station des LSF Graz, welches mittlerweile einen anderen Namen trägt, förderte aber diese Fähigkeiten zu Tage. etwas dessen Vorhandensein mir bis dahin nicht wirklich bewusst war. doch so vieles hat in mir geschlafen. doch die Müdigkeit war abgeschüttelt. ein Energieüberschuss, der sich, gleich den erneuerbaren Energien, nicht wirklich speichern ließ. er musste in Taten umgesetzt werden. was habe ich Badminton gespielt. all die Meter die ich zuvor nicht gelaufen war wurden innerhalb dieser vier Wochen abgespult. zu einem Teil war meine Energie auch ansteckend. ich war mit einem Virus infiziert, gegen den nur wenige immun waren. zumindest hatte ich den Anschein. kann sein, daß ich es mir auch nur einredete. die eigene objektive Wahrnehmung ist für andere nur eine subjektive. es ist auch gut möglich. vielleicht auch wahrscheinlicher. es fand ein Energieaustausch statt. doch gab es hier keine Vampire, wie es sie in unserer Umwelt gibt. niemanden  der an deinen Reserven saugte. es hielt sich die Waage. ein Nehmen und Geben. ein stetiges Wechselspiel. welches aber nur funktioniert, wenn man beim Spiel mitmacht. was aber ein leichtes ist. beziehungsweise wird. es gibt ja weder Gewinner noch Verlierer. man spielt einfach um des Spieles Willen. und irgendwann ist dann der Zeitpunkt erreicht, wo man mittendrin ist statt nur dabei. 

es gab jedoch auch Dinge die mich anfangs störten. Gruppenzwang. ich wollte doch eigentlich niemanden sehen. mit niemanden reden. die Pflicht erfüllen bis zu diesem Punkt des Muss. nur. ich war ja nicht der Spielleiter... gezwungenermaßen musste ich mich dann doch zwingen. überwinden dort vorstellig zu werden, wo ich mich angemeldet hatte. einen Rauswurf wollte ich ja auch vermeiden. das wäre in der Situation, in der ich mich zu diesem Zeitpunkt meines Lebens befand, auch alles andere als hilfreich gewesen. ich erschien also mit zwei Tagen Verzögerung bei der Garten-Gruppe. welche doch anders war als erwartet. ich wollte wieder mit bloßen Händen in der Erde wühlen. doch war es am Ende mehr Gesprächstherapie und Basteln. doch es war gut. ich weiß nicht ob ich bei in der Buchbinderei oder beim Töpfern besser aufgehoben gewesen wäre. aber eine Sache alleine zu machen wäre zu wenig. es musste noch etwas Zweites sein. deshalb entschied ich mich für die Kunst. es schlummerte ja der Geist der Kreativität in mir. welcher wieder erweckt werden sollte. wollte. musste. konnte. ein schlafender Zwerg. ein schlummernder Riese. ich war nicht wirklich produktiv in diesen knapp vier Wochen. es war vielmehr eine Weichenstellung. ein Wiederfinden. eine Vorbereitung für den nächsten Schritt. denn wenn man schon am Weg ist, will man auch wissen wie es weiter geht. und wenn ich erst einmal in Bewegung bin...

die Frage war nur, welcher Art der nächste Schritt sein sollte. Vorschläge wurden mir unterbreitet. doch die Wahl war schnell getroffen. bewusst meiner Probleme konnte es keinen halbherzigen Lösungsversuch geben. was hätte mir ein drei-wöchiger Crashkurs geholfen. obwohl. ich kann es nicht wissen. da ich mich für das volle Programm entschieden habe. acht Wochen. doch bis es soweit war, mussten erst wieder acht weitere dieser 7-Tage-Zyklen vergehen.

wie die Zeit vergeht. die Erinnerung an diesen ersten Aufenthalt im LSF ist zwar etwas schwammig. doch denke ich, daß es schon zur Mitte der dritten Woche war, als mich meine Psychiaterin des Feldes verweisen wollte. nur. ich war noch nicht bereit dazu. Sie war mit meiner Performance nicht ganz zufrieden. immerhin wagte ich es ja gewisse Dinge in Frage zu stellen. damit scheinen manche Vertreter dieses Berufsgruppe aber nicht viel anfangen zu können. auch war ich manchmal etwas frech. der Sarkasmus und der Zynismus feierten ihr Comeback. und auch eine andere meiner vielen positiven Eigenschaften erblickte wieder das Tageslicht, nicht daß sie ein Dasein in absoluter Dunkelheit gefristet hätte. die kritische Betrachtungsweise. das Hinterfragen.

ich war mir schon darüber im Klaren, daß ich nicht ewig bleiben konnte. doch waren meinen Gedanken jetzt wieder, einigermaßen, klar, sodass ich nun selbst wusste wann der Zeitpunkt gekommen war.  doch der Abschied fiel schwer. denn bis auf die Arbeit, die auf mich wartete, begab ich mich doch in unbekanntes Terrain. 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.