ein Zwischenspiel - morgens am Strand

Veröffentlicht am 27. April 2023 um 18:50

Hab gerade mein Notebook hochgefahren. Früher schrieb ich noch mit der Hand. Doch irgendwann überholten die Gedanken die geschwungenen Bewegungen. Nein. Meine Handschrift ist sogar für mich manchmal unlesbar. Irgendwann beginnt die Hand den Stift in festem Griff zu umklammern. Nicht weil ich ihn aus der Hand legen wollte. Nicht weil sich jemand anschickte ihn mir zu entreißen. Sie verkrampft einfach. Dann endet das Schreiben. Und eine Fortsetzung wurde immer bis auf weiteres aufgeschoben. Jetzt tippe ich auch gewiss nicht schneller als ich denke. Was ja durchaus als positiv zu bewerten ist. Wäre es denn andersrum, wäre ich mir gar nicht sicher, ob ich überhaupt dzu in der Lage wäre zu schreiben. So tippe ich zwar nur mit zwei, in guten Momenten sogar mit vier oder fünf Fingern. Die fliegen dafür die Tasten, wie Möwen übers Meer, wenn sie vom Rückenwind getragen werden. Möwen sind jetzt zwar keine zu sehen. Aber das Meer brandet an das befestigte Ufer von Opitija. Dem Ort an dem ich mich gerade befinde. Eine Auszeit zu nehmen. Von den Auszeiten. Von den Zeiten von denen man Auszeiten nehmen solle. An Plätzen wo dies besser gelingen möge. Und so eine Uferpromenade am frühen. Wie kann man die Zeit des Tages so gegen halb zehn Uhr vormittags benennen? Sagen wir. Zur rechten Zeit. Ist das der beste Platz den ich mir wünschen kann. Vielleicht gäbe es noch andere. Aber weil man im Hier und Jetzt sein sollte. Ist dieser Platz wo ich dem Rauschen des Meeres lauschen. Den Blick über Rijekas Bucht, hinüber nach Krk und in den kleinen Hafen Opatijas wandern lassen kann, genau in diesem Augenblick der richtige. Vögel tirilieren. Ab und an kommt jemand laufend des Weges der Promenade entlang. Und wäre ich des Kroatischen mächtig. Ich würde so manches Geschwätz der Passanten verstehen. Nicht das es mich interessierte. Doch die Sinne sind ein wenig von Sinnen. Geschärft. Hören jetzt die erste Möwe. Den Motor des Bootes. All die verschiedenen Töne des Meeres, welches je nachdem das Wasser vom Kai aufgehalten wird, oder von immer anders aussehenden natürlichen Felsen, deswegen auch immer anders klingt. Ich fühle wie sich das Licht ändert. Denn die Sonne wird noch von Wolken umhüllt. Und je nachdem ob sie sich nun lichten. Oder doch wieder einen Mantel des Verhüllens um sie ziehen, spürte ich das selbst mit verschlossenen Augen. So sollen wir zwar mit offenen durchs Leben gehen. Damit uns ja nichts entgeht. Aber weil man nur mit dem Herzen wirklich gut sieht. Bleibt es nicht aus sich manchmal zu verschließen. Die Augen zuzumachen und einfach zu fühlen. Sich all das bewusst machen, was um einen gerade geschieht. Gerüche werden, wenn die Nase nicht wieder einmal auf Halbzug geschalten ist, intensiver wahrgenommen. Laute dringen ans Ohr, welche zuvor vielleicht jenseits der Wahrnehmung gelegen haben. Die Armada der Möwen scheint gerade zusammen gerufen zu werden. Ein Boot läuft aus. Wenn dem da nur etwas Meer an den Haken, ins Netz geht. Umschwirren wir. Lauern wir. Schlagen wir zu. Ein bequemes Buffet. Innehalten. Den womöglich aufkommenden Tinnitus im Ohr ignorieren. Das Rauschen. Das Rauschen des Meeres. Ruhe. Gelassenheit. Eine Biene aus dem Rückraum kommend. Summend. Ein kurzer Nachhall. Eine sanfte Brise auf der Haut. Wolken ziehen. Es blubbert. Es plätschert. Jemand geht schnellen Schrittes vorbei. Vollzeit? Teilzeit? Ich hab keine Zeit. Ich hab keine Zeit. Gleich dem Hasen in Alice im Wunderland. Nicht der Märzhase mit seiner iillustren Teegesellschaft. Nichtgeburtstag feiernd. Werde ich heute auch wieder tun. Ach. Ich vergaß. Mache ich ja schon. Der Gedanke zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Obwohl. Es war zuvor auch schon da. Schon gestern. Vielleicht bin ich auch damit eingeschlafen. Und den selben Ausdruck im Gesicht tragend auch aufgewacht. Die Möwen mehren sich. Acht zähle ich jetzt. Sie kreisen. Und ich höre sie „meins“ „meins“ „meins“… doch da ist noch anderes Gefieder in der Luft. Und zweibeiniges Geschnatter an der Promenade. Im ersten Fall wünschte ich mir besseres Gehör. Im zweiten Ohrenklappen. Aber es zieht vorüber. Der Wind frischt etwas auf. Bringt nun mehr Wolken, die sich dann über mir ausheulen wollen, am Himmel erschienen zu sein müssen. Oder werden sie vertrieben, damit die Sonne mich blenden möge. Ich nehme es wie es kommt. Kann doch nichts daran ändern. Nur die Laune könnte es mir trüben, wenn ich es zuließe. Ich gebe zu. Manchmal ist es den Wolken gelungen. Manchmal auch der Sonne. Ich kann auch nicht sagen, daß diese Zeiten nun vorbei sind. Das steht mir nicht zu. Weil ich ja nicht weiß, was die Zukunft bringen wird. Genauso wenig, wie ich wissen kann, wie die nächste Welle klingt, wenn sie am Ende aufs Ufer trifft. Man soll darauf auch nicht zu viele Gedanken verwenden. Oder sie gar verschwenden. Wobei man das niemals wirklich macht. Den es war ein Gedanke, der mich hier her führte, wo ich nun diese Worte schreibe. Von deren Existenz ich keine Ahnung hatte. Bruchstückhaft. Jedes einzelne für sich war schon da. Aber das sie so zueinander finden würden. Das Blatt war noch nicht geschrieben. Nicht einmal angedacht. Sie sind auch nicht ausgedacht. Keinen Gedanken an sie hab ich verwendet. Sie fließen. Wie Atem. Es geht ohne Zutun. Man muss nicht daran denken. Es war nur dieser eine Gedanke als ich nach dem Frühstück aufs Zimmer kam. Ich könne ja wieder etwas schreiben. Und vielleicht würde mich das Meer inspirieren. Gut möglich, daß es dies auch tat. Es wird schon so gewesen sein. Denn auf einer Almwiese sitzend hätte ich mir über das Meer Gedanken machen müssen, so wie ich jetzt am Meer sitzend mir eine Almwiese im Gedanken vorstellen müsste. Was schnell geht. Ich kann all die Blumen sehen die jetzt dort blühen. Weil ich da war. Doch am Meer sitze ich nun. Flut. Ein paar Felsen sind schon am schwinden. Wie lange ich wohl schon hier sitze. Und wie viel Zeit mag noch vergehen. Es wären noch genug der Worte da. Noch so einiges zu beobachten. Aufzusaugen. Auszumalen. Den schöne Geschichten verdienen das. Denn das ist gewiss. Es ist schön. An diesem Ort wo ich mich gerade befinden. Dieser Ort hat einen ganz eigenen Charme, mit all seinen alten Villen. Auch ist es im Frühling viel ruhiger, als es dann im Sommer sein wird. Wenn dann die Menschen Entspannung suchen, an Orten, wo alle anderen auch nach Ruhe suchen. Und es dann laut ist. Man die Möwen. Die Möwen wird man sicher hören. Vielleicht auch noch das Rauschen des Meeres. Doch mehr das Rauschen der Motoren. An der Promenade wird der liebliche, klare, helle Gesang der Vögel, von einem geschnatterten Gebräu aus verschiedenen Sprachen, in verschiedensten Lautstärker niedergemetzelt werden. Hektischen Schrittes, weil die Urlaubszeit ja so schnell vergeht, werden die Massen an Touristen der Uferpromenade entlang hetzen. Es mag sich vielleicht so oder ähnlich abspielen. Ich weiß es nicht. Ich war nicht da. Ich war nie da. Bin viel lieber Jetzt hier. Die Ruhe genießend. Den Moment fühlend. Das Leben spürend. Dem Wasser lauschend. Berauscht. Sinnvoll. Bewusst.

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