Austropop? zum Nationalfeiertag - 25.10.2022

Veröffentlicht am 25. Oktober 2022 um 17:10

gleich eines vorweg. das ist ein etwas längerer Beitrag. also Zeit nehmen. 

 

jetzt habe ich hier doch länger nichts mehr über Musik geschrieben. und die Platte der Woche fällt an meinen Wochenenden mit den Kindern auch manchmal aus. aber.

wir waren am Flohmarkt. selten. aber manchmal doch findet man Schallplatten. solche die nicht dem Genre des Schlagers. der Volksmusik. der volkstümlichen Musik. oder ähnlichem zuzuordnen sind. aber wie gesagt selten. dieses Mal hatte ich ein wenig Glück. drei von Stefanie Werger und ein Ludwig Hirsch wurden erspäht. nach unzähen Verhandlungen sind sie nun Teil meiner Plattensammlung. und fanden auch, teils, schon den Weg auf den Plattenteller. deshalb werden sie ja gekauft. nicht um sie zu haben. sondern um sie zu haben und zu hören.

ich werde ja im Büro mit Ö3 gequält. wenn man jetzt nur diesen Sender hören würde, könnte man zum Schluss kommen, daß es nur um die acht österreichische Interpreten gibt. Pizzera & Jaus, Seiler & Speer, Julian le Play, Wanda, Josh., Lemo. mehrmals täglich dafür. und das täglich.

jetzt fällt ganz bestimmt etwas auf. doch der Aufschrei verstummt. falls es denn je einen gab. der Schrei nach der Quote.

Petitionen gibt es für Festivals. weil der Frauenanteil so klein sei. bei Ö3 bemerkte ich bis jetzt noch nichts von einem solchen.

sie tummeln sich jetzt auch nicht scharenweise. es gibt sie aber. und sie verdienen Gehör.

was sich auch etwas mehr Gehör verdienen würde, sind jene Interpreten, die den Begriff des Austropop, was immer das auch sein soll, geprägt haben. und davon haben wir mehr als genug. es gibt ganz sicher auch genügend jüngere österreichische Musiker. nur im heimischen Radio bekommen sie keine Chance. ich finde das sehr schade. denn viele hätten es sich verdient. doch so muss der Hörer das hören, was der Hörer angeblich ja hören will. laut Umfragen. ich bekomme die auch zugesendet. doch ist Bestand dieser Umfragen nur das was Bestand dessen ist, was ohnedies in Dauerschleife läuft. Objektivität ist etwas anderes.

vielleicht ist die Musik von früher auch zu unbequem für unsere Zeit. denn die Dauerschleifenmusiker haben kaum noch Biss in ihren Texten. weichgespült. Kalendersprüche zitierend. ausgepolstert. abgerundet. ja keine Ecken. nur keine Kanten. der Schwiegermutter gefallen. Belanglosigkeit im Sonnenschein.

ich behaupte ja nicht das alle Lieder so sind. aber das Groß davon.

wenn ich mir so wie heute ältere Platten auflege, dringen ganz andere Worte in meine Ohren. doch schreit gerade die jetzige Zeit nach Protest.

ich vergaß. nur Freitags an Schultagen...

es ist aber schwer für mich zu begreifen. denn gerade über Musik kann man viele Menschen erreichen. wahrscheinlich bin ich wirklich mehr als nur ein klein bisschen naiv. oder es liegt an unserer Mentalität. es fehlt uns an Feuer und Leidenschaft. aber wir überkompensieren das mit sudern. jammern und all dem anderen üblichen. wir sind gut darin. vielleicht kann das wirklich niemand besser als wir.

wie sang ein großer österreichischer Musiker "Oba verändern wü i nix, i wü mei Ruah".

ich habe früher auch, das muss ich ehrlicherweise gestehen, nicht so bewusst Musik gehört, wie ich es nun seit nahezu dreißig Jahren mache. und ich habe auch keine Ahnung welche Lieder heimischer Interpreten in den 80ern im Radio liefen. wird wahrscheinlich nicht anders gewesen sein als heute. ähnlich bequem. nur habe ich einige Schallplatten aus dieser Zeit. und achte eben auf das was die Musik versucht zu transportieren.

da hätten wir beispielsweise den schon oben, nicht namentlich, erwähnten Wolfgang Ambros. bei ihm muss ich sogar noch ein Jahrzehnt weiter zurück. denn er ist ja eines der Urgestein der österreichischen Musikszene. von ihm stammt auch eines meiner Lieblingslieder.

1974 - A Mensch möcht i bleibn

https://www.youtube.com/watch?v=YEcHfL8hilQ

A mensch mecht i bleib′n
Und i wü net verkauft werd'n
Wie irgend a stückl war'
Net alles was an wert hat muss an preis ham′n
Aber mach des amoi wen klar


A mensch möcht′ i bleib'n
Und wie a leich mücht′ i sterb'n
Weil es is′ zum speibn
Zum kotzen und zum rean

Wenn man sieht was die leut'aufführ′n
Für das depperte geld
Es ist doch ganz was anders des zählt

 

solche Zeilen berühren mich. sie finden den Weg bis in mein Herz. tief in meine Seele. und ja. manchmal kommen mir dabei sogar Tränen. auch bei Josh. aber das hat nun wirklich andere Gründe.

bei Ambros wird man noch ganz oft fündig. ich kann jetzt nur ein paar Beispiele anführen, denn ansonsten wird das kein Beitrag sondern ein Buch. ich müsste die Lieder in Kontext zur der Zeit in der sie entstanden setzen. schreibe aber keine Dissertation...

 

1980 - Weiß wie Schnee

https://www.youtube.com/watch?v=YzTreCLetbw

1984 - Du verstehst mi ned

https://www.youtube.com/watch?v=laC5_8I6cAs

1987 - Die Wegwerfgesellschaft und ihre Alternative

https://www.youtube.com/watch?v=5D9-dUYNenY

 

Plastik ist money,
Plastik ist sex,
im Wohnzimmer steht
ein Plastikgewächs.
Plastik ist Spielzeug,
Plastik ist Dreck,
und wann's uns nimmer g'fallt,
na dann werf ma's halt weg.

Plastik ist High Tech,
Plastik ist Macht,
Plastik bei Tag und Plastik bei Nacht.
Plastikverpackung
und Plastikbesteck
und was ma nimmer brauchen,
na, des werf ma halt weg.

 

das war vor funfunddreißig Jahren. doch geändert hat sich daran nichts. nur das solche Lieder von unseren Popgranden anscheinend nicht mehr geschrieben werden. wenigstens ist mir keines bekannt.

 

auch bei einer anderen Größe die Zunft geht es textlich manchmal sehr nachdenklich und kritisch zur Sache. mitunter auch etwas schmutzig. der leider zu früh verstorbene George Danzer hat auch einige dieser großen Klassiker geschrieben. doch sind es auch hier eher die nicht so bekannten Lieder, die wahre Perlen sind. leider habe ich noch nicht allzu viele Alben von ihm. aber es reichen auch wenige, wenn die "Menschliche Wärme" von 1984 dabei ist.

 

1984 - eine Utopie

https://www.youtube.com/watch?v=ht51qZhdVSU

1984 - Menschliche Wärme

https://www.youtube.com/watch?v=FbM-Yl2F3X4

1980 - der alte Wessely

https://www.youtube.com/watch?v=_9xQPqQAV-o

1980 - traurig aber wahr

https://www.youtube.com/watch?v=2m6VC81e61k

 

falls also jemand eine paar alte Schallplatten vom "Schurli" zu Hause herumstehen hat. ich würde mich sehr darüber freuen.

und dann gibt es da noch einen dritten im Bunde. Rainhard Fendrich. unvergessen seine "Zweierbeziehung". falls jemand dieses Lied nicht kennen sollte. darin besingt er die große Liebe, die so manch Österreicher hat. hier kann man auch nicht "gendern". denn handelt von der Liebe des Mannes zu seinem Auto. und die ist, so denke ich, doch eine Eigenart in unserem Land. für welches er auch die inoffizielle Hymne geschrieben hat. und noch so andere, wo fast jeder mitsingen kann. doch wieder sind es die vielleicht eher unbekannten Nummern, die es zu erhören gilt. und alter Fendrich ist wirklich grandios. denn etwas haben eigentlich fast alle heimischen Künstler gemein. diesen typischen österreichischen Humor. deshalb sind wir ja auch mit einer Fülle von Kabarettisten gesegnet. doch nun zum Rainhard.

 

1983 - sorglos und blind

https://www.youtube.com/watch?v=XP2iK0L1TlI

 

Nur die Flucht aus der Behaglichkeit
Reißt di weg aus deina Selbstzufriedenheit
Du musst kämpfen gegen die Sattheit
Weil's da sonst wie Honig in die Augen rinnt
Und di sorglos macht und blind


Kla und schwach wolln′s di haben
Und dei Selbstvertrau′n langsam untergraben
Nach und nach lassen's dein Verstand erfrier′n

Nimmer lang und du g'herst zu denen
Die Allan si ned wehren kennen
Und dann hast willenlos zu funktionier′n

 

1983 - der letzte Tag

https://www.youtube.com/watch?v=zJA9oYXuh4E

1983 - alte Helden

https://www.youtube.com/watch?v=HmKN_zO-IbU

1980 - Zweierbeziehung

https://www.youtube.com/watch?v=NWLpsB8rwaY

1982 - zwischen eins und vier

https://www.youtube.com/watch?v=bjUAEzREZew

 

es gibt aber noch ein paar andere, die nur auf ein paar wenige Lieder reduziert werden. zu Unrecht. und auch ich werde ihnen nicht gerecht, weil Platten nicht immer leicht zu finden sind. und ich nunmal keine CDs mehr kaufe. von Peter Cornelius habe ich deswegen bis jetzt leider auch nur zwei Alben.  und auf denen finden sich weder "reif für die Insel", noch "du, entschuldigung i kenn di"

 

1983 - narrisch werd´n muss herrlich sei

https://www.youtube.com/watch?v=YLYpKROXn0c

1983 - Fata Morgana

https://www.youtube.com/watch?v=hgQoLwCn0yw

1986 - irgendwann im nächsten Leb´n

https://www.youtube.com/watch?v=Whycch0XSpI

1986 - gegen den Strom

https://www.youtube.com/watch?v=BvttgmzvgoA

 

bis jetzt war ich nur in der Hauptstadt unterwegs. doch auch in mein Bundesland bildet das Gegengewicht zu Wien.

da hätten wir den öfters morbid angehauchten Ludwig Hirsch. der seinem eigenen Liedern folgte. wobei auch bei Wolfgang Ambros der Tod des öfteren vorkommt. doch wer nennt sein Debütalbum schon "Dunkelgraue Lieder"?

 

1978 - i lieg am Ruck´n

https://www.youtube.com/watch?v=qKBxLDYE8Xc

1978 - der Wolf

https://www.youtube.com/watch?v=0jUIgCywu90

1979 - das Geburtstagsgeschenk

https://www.youtube.com/watch?v=fOtiBDKxOto

 

was für Wien "Austria 3" sind, sind für die Steiermark STS. ich weiß noch wie man mir beim "Wurlitzer" vom Radio Steiermark einen Liedwunsch gewährte. ich dachte mir mal etwas anderes, als das sonst eben übliche zu nehmen. nicht immer "Großvater", "Fürstenfeld" oder "irgendwann bleib i dann dort". nein. mein Wunsch viel auf ein Lied, das in die selbe Kerbe, wie Ambros´ "a Mensch möcht i bleibn" schlägt.

 

1984 - sie wissen all´s besser

https://www.youtube.com/watch?v=FAnBDWaZkYI

Denk da wos'd denkstTua nur wos'd mogstNimm da vh vorA wennst ned all's dapackst

Heb dein Arsch, sei ned faulHab nur kan RespektMit wache Knie hot no kana die Wld nei entdeckt

Sperr' auf deine Aug'n, sperr' auf deine OhrenUnd wannst was zu sog'n host, dann stell di noch vorn

Schau, es gibt eh scho Leit gnua, es werd'n imma mehrDie wuin nix dazua tuan, drum tuans a nix mehr

Jo, sie wissen all's besser und tuan als wie werUnd wannst a poar Frag'n host, leg'n sa si quer

Jo, sie hob'n noch kan Fehler g'mochtNa, den gebns ned zuaJo, sie wissen all's besser, als du

Und bist dann allan, jo, donn loss da ned g'fall'Wann so a Wichser dir zuaschaut beim Zahl'nUnd di auslocht obwui dir zum rean is vor HassDie Welt is a Norr'nhaus, die Welt is so gross

Jo, sie wissen all's besser und tuan als wie werUnd wannst a poar Frag'n host, leg'n sa si quer

Jo, sie hob'n noch kan Fehler g'mochtNa, den gebns ned zuaJo, sie wissen all's besser, als du

Denk da wos'd denkst, tua nur wos'd mogstNimm da vh vor, a wennst ned all's dapackst

Heb dein Arsch, sei ned faulHab nur kan RespektMit wache Knia hot no kana die Wlt neich entdeckt

 

1984 - Heavy Metal Fan

https://www.youtube.com/watch?v=NjcTVzZEYfo

1985 - so frei, wie man sein kann

https://www.youtube.com/watch?v=tLV33dQpdVM

1987 - mach die Aug´n zu

https://www.youtube.com/watch?v=65VRfgrfz7w

2007 - du sollst leb´n

https://www.youtube.com/watch?v=RCtnGQYI6Xs

 

Dir soll’s gut geh’n, du sollst leb’n
Für dich soll’s viel Schönes geb’n
Schau wie die Wolken zieh’n und hör auf den Wind im Wald
Schau wie die Vögel flieg’n und hör wie der Regen fällt
Freund’werden kommen, Freund’werden geh’n
Dir wird g’nommen, du wirst geb’n, du sollst leb’n

Du wirst verletzen, du wirst verzeih’n
Und es kann stürmisch werden
Vor Glück und Schmerzen wirst du manchmal weinen
Heftig und zart wirst du sein

Liebe und Lust und begehrt werd’n
Find’n, zerfließ’n, verlier’n
Nix von dem soll dir verwehrt werd’n
Du sollst versteh’n, du sollst spür’n

Dir soll’s gut geh’n, du sollst leb’n
Für dich soll’s viel Schönes geb’n
Und dir soll alles gelingen, alles,was dich größer macht
Dir soll Musik erklingen in dunkler Nacht
Du sollst blüh’n und nie vergeh’n
Vollmond soll am
Himmel steh’n
Du sollst leb’n

 

ich weiß es gibt noch viel viel mehr. aber dann müsste ich jedem ein eigenes Kapitel widmen. doch wer weiß. ich habe diese Seite noch nicht so lange. wäre also durchaus möglich, daß es dazu noch mehr zu lesen gibt.

deshalb bekommt auch die nächste Band nur ein paar Lieder zugesprochen. obwohl. die EAV ist wirklich ein Kapitel für sich. denn kaum jemand versteht es so gut gesellschaftskritische, politisch inkorrekte Sachen so zu verpacken wie die Gruppe um Thomas Spitzer und Klaus Eberhartinger. ich bin mir auch ziemlich sicher, daß sie sich heutzutage für ein Lied wie dem "Balkan-Boogie" mit Faschismus-Vorwürfen konfrontiert sehen würden.

 

1983 - Balkan-Boogie

https://www.youtube.com/watch?v=DCzYVQzoWU4

1983 - Afrika - ist der Massa gut bei Kassa

https://www.youtube.com/watch?v=SvpfFCpGGX4

1983 - total verunsichert (Gesang: Gert Steinbäcker)

https://www.youtube.com/watch?v=7FoPrxzusIc

1988 - Burli

https://www.youtube.com/watch?v=kfcoJPnw2L4

1990 - s´Muaterl

https://www.youtube.com/watch?v=nOXdbYUC9Ds

2007 - dann und wann

https://www.youtube.com/watch?v=-ZfRQZe13iA&list=PLD0LEtbwlsvwar9olTNyrvQAOVhMQi1JU&index=5

2007 - panga panga

https://www.youtube.com/watch?v=Dl6SQly0eLA&list=PLD0LEtbwlsvwar9olTNyrvQAOVhMQi1JU&index=10

 

keine Frage. viele Lieder würden Opfer der Zensur werden. denn wir eingangs erwähnt geht es heute darum brav zu sein. auch STS eckten vor einigen Jahren richtig an. und wurden von fast allen Sendern mit einem Boykott belegt. "Ende Nie" war damals der Stein des Anstoßes. heutzutage wäre es wahrscheinlich noch schlimmer. doch findet sich eh keine Spur davon in der derzeitigen, rauf und runter gespielten, Musiklandschaft heimischer Kost. und wenn es dann doch kritische Stimmen geben würde, dann nur gegen alles was nicht ganz links ist. den politisch korrekt muss man sein. ich wünschte mir mehr vom anderen. denn im Leben geht es auch nicht immer bequem zu. und gerade die Kunst darf in ihrer Freiheit doch um einiges mehr.

 

ich weiß, daß ich jetzt ganz viele Musiker/innen, kann auch brav gendern, nicht zu Wort habe kommen lassen. trotzdem zolle ich ihnen Respekt. der gebührt jedem, der sich mit Musik seinen Lebensunterhalt verdient. ob es nun einem gefällt oder nicht. das ist ja Geschmackssache. nur ich fange eben mit dem was ich täglich auf Ö3 serviert bekomme nichts an. es ist eine Qual. denn leider hat es, wie es ein heimischer Kabarettist, Klaus Eckel war es, formulierte, die Evolution nicht geschafft uns mit Ohrenklappen auszustatten. und ich höre die Musik überall. egal wie leise sie auch sein mag. sie bahnt sich ihren Weg in meine Gehörgänge.

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